Hautschäden: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 14. Oktober 2012, 16:46 Uhr
Hautschäden bei Rohhäuten können je nach Schweregrad und Ausprägung die Verwendbarkeit als Leder beeinflussen oder beeinträchtigen - jährlich wird durch sie in Deutschland ein wirtschaftlicher Gesamtschaden von 250 Millionen Euro verursacht. Es wird dabei zwischen Intravital- bzw. Produzentenschäden (haltungsbedingte Schäden, die während der Lebenszeit des Tieres entstanden sind) einerseits und postmortalen Schäden (Schäden bei und nach der Schlachtung) andererseits unterschieden.
Aber nicht jeder Hautfehler kann so entschuldigt werden!
Im folgenden sind einige Beispiele aufgeführt, die in der Praxis beobachtet werden und das Leder ggf. unbrauchbar machen oder Verschnitt verursachen können. Viele der aufgeführten Hautschäden sind bei der Rohhaut noch nicht sichtbar, sondern sind erst nach den ersten Arbeitsschritten in der Gerberei sichtbar.
Inhaltsverzeichnis
Dungstellen
Dungstellen entstehen im Leder, wenn Exkremente zu lang auf der Haut kleben bleiben, was in einer starken Vergrößerung der Poren durch Schwitzen resultierte. Wenn Dungstellen nicht zu stark hervortreten, ist die Haut noch verwendbar.
Dungstelle herangezoomt - Porenvergrößerung ist gut erkennbar (letztes Bild anklicken)
Gabelstiche
Gabelstiche entstehen durch das Treiben durch den Tierhalter mit spitzen Gegenständen. Das Leder ist dann unbrauchbar, wenn sie gehäuft auftreten und schlecht verheilt sind.
Heckenrisse
Heckenrisse entstehen durch Verletzungen an scharfen Pflanzenteilen, Dornen etc., aber auch an Stacheldraht. Es kommt auf die Häufigkeit und Tiefe der Risse an, wie verarbeitungsfähig die Haut ist.
Typische Heckenriss
Vernarbter Heckenriss auf Narben- und Fleischseite.
Hornstöße
Hornstöße werden durch Kämpfe mit anderen Tieren hervorgerufen und können deutliche Narben hinterlassen. Hier mit Narbe auf der Fleischseite.
Mastfalten
Mastfalten sind ein normales Phänomen und beeinträchtigen nicht den Wert der Haut bzw. des Leders. Sie entstehen bei Rindern im Hals- und Bauchbereich, wo die Bindegewebsfasern länger sind. Das Narbenbild ist in diesem Bereich markanter. Beim Zuschnitt des Leders muss berücksichtigt werden, dass die Narbung am fertigen Objekt symmetrisch ist, außer der Narbenunterschied ist ein gewollter Effekt, wie z.B. beim "Neckleder".
Zeckenbisse
Zeckenbisse erscheinen als kleine Stiche auf der Haut und gelten als nicht qualitätsmindernd.
Brandzeichen
Brandzeichen findet man in Europa nur selten.
Brandzeichen werden mit glühenden Eisen ins in die Haut gebrannt
Brandzeichen im Kuhfell und auf pigmentiertem Glattleder
Narben von Brandzeichen im Rücken von Möbeln sind nicht zulässig.
Brandzeichen auf Glattleder vom Rind mit und ohne Färbung
Bei pigmentierten und geprägten Ledern ist das Brandzeichen oft unsichtbar. Sichtbarmachung durch eine Wärmebildkamera nach rückseitiger Erwärmung des Leders(von www.lederbearbeitung.de. Schaut man genau hin, erkennt man eine "8" als Brandzeichen im Leder.)
Striegelrisse
Striegelrisse sind i. d. R. nur oberflächliche Verletzungen. Sie verlaufen dann linienförmig in gleicher Richtung.
Dasselfliege
Dasselfliege (Oestrida) ist eine Sammelbezeichnung für etwa 100 Arten von Insekten, deren Maden sich parasitisch von Säugetierwirten ernähren. Die rund zehn mitteleuropäischen Varianten befallen insbesondere Huftiere und sind bei der Gewinnung von Leder oft ein Ärgernis, da sie die Qualität der Häute beeinträchtigen können. In Südamerika existieren Varianten, die auch den Menschen befallen können.
Je nach Art plazieren die Dasselfliegen ihre Eier in Nase und Mund der Tiere oder befestigen sie an den Haaren. In der Folge entwickeln sich sogenannte Nasen-, Rachen-, Magen- oder Hautdasseln.
Bleibende Schäden am Leder verursachen die Hautdasselmaden, die sich - etwa bei der Großen Rinderdasselfliege - durch die Haut in das Tier einbohren und in das Brust- und Lendenwirbelfettgewebe einwandern. Besonders gefährdet sind Jungrinder in den ersten zwei Weideperioden. In Deutschland tritt meist die hummelähnliche, 13-15 mm messende "Große Dasselfliege" (Hypdorma bovis) auf. Die Schwärmzeit ist von Juni bis September mit Schwerpunkt im Juli. Die Fliegen leben nur 3-5 Tage und legen in dieser Zeit ca. 800 Eier an den Haaren der Rinder ab. Nach 4-7 Tagen schlüpfen die Larven und dringen durch die Haut in die Rinder ein. Dort wandern sie bis zum Wirbelkanal der Tiere, wo sie vom Dezember bis zum März verbleiben. In dieser Zeit dürfen die Larven nicht medikamentös behandelt werden, weil es zu gravierenden Schäden im Rückenmark kommen kann. Vom Rückenmarkkanal wandern die Larven dann im Rücken unter die Haut und bohren sich dort ein Atemloch. Dort entwickeln sich die Larven weiter und bilden die für die befallenen Tiere typischen Dasselbeulen. Im März und Juni verlassen die Larven dann das Wirtstier durch das Atemloch, um sich zu verpuppen. Nach ca. 40 Tagen schlüpft die Fliege, und der Kreislauf beginnt von vorne. In Frankreich, Belgien, Luxemburg und im Schweizer Jura treten Dasselfliegen stärker auf.
Dasselfliege und die Dasselmade
Bild 1: Dasselfliegenbeulen auf dem Rücken eines Rindes. - Bild 2: Die Maden siedeln sich unter der Haut eines Hirsches an.
Die narbenseitigen Schäden der Larve der Dasselfliege auf Hirschleder.
Und von der Fleischseite.
Hirschfell mit Schäden durch Dasselfliegen.
Schon in Quellen des 18. Jahrhunderts lässt sich nachlesen:
Die Brämse ist ein zwar unansehnliches, aber fast für jede Thier=Gattung fürchterliches Geschöpf. Die Brämsen, die unserm Rindviehe nachstellen, verursachen oft den Häuten großen Schaden. Sie schweben dem Thiere so lange nach, bis sie Gelegenheit gefunden haben, ein Ey auf dasselbe fallen zu lassen. Das Ey hat etwas Kleberiges an sich, hängt sich in die Haare des Thieres an, und glitscht endlich auf die Haut hinab. Hier wird es durch die natürliche Wärme des Thieres ausgebrütet; der Wurm frißt sich in die Haut hinein, und lebt zwischen derselben von den Säften des Thieres, bis er zu einer bräunlichen Puppe (Engerling) wird, aus welchem im folgenden Frühjahre wieder eine Brämse entsteht. Die Haut des Thieres wird von diesem Wurme, wo er sich ansetzt, auf dem ganzen Rücken dermaßen durchlöchert, und voller Narben, daß sie ganz unbrauchbar wird. Bey frisch geschlachteten sowohl, als trocknen Häuten, erkennt man sie an den länglichen Beulen zwischen der Fleisch=Haut gar leicht, wofern nicht betriegerische Leute durch verschiedene Kunstgriffe, die ich hier mit Fleiß verschweige, selbige dem Käufer unsichtbar machen.
(J. G. Krünitz (Hg.) et al.: Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft. Berlin: 1796. Bd. 68. S. 33.)
Schäden bei der Enthäutung im Schlachthof
Beim Enthäuten im Schlachthof kann es zur Beschädigung der Haut kommen. Eine falsche Schnittführung kann die Flächenausbeute reduzieren. Dazu wird in Schlachthöfen maschinell enthäutet. Durch den starken Kraftaufwand bei diesem Prozess kann die Narbe einreißen (Narbenplatzer). Insbesondere Häute von Kühen, die Kälber geboren haben, neigen zu Narbenplatzern.
Weitere Gründe für Hautschäden
- Konservierungsschäden (durch unzureichende Haltbarmachung nach dem Abziehen, z. B. Verfaulen durch Bakterieneinfluss oder Salzflecken)
- Operationsnarben von tierärztlichen Eingriffen
- Hautparasiten wie Räudemilben, Läuse und Haarlinge schädigen die Haut und beeinträchtigen die Lederqualität
- Auch Hautpilze (Flechten) schädigen die Haut und dadurch das Endprodukt Leder
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