Lederalternativen: Unterschied zwischen den Versionen

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''Fachartikel in der [http://www.pro-leder.de/ Pro-Leder] Ausgabe 2018-01 von [[Benutzer:Admin|Jörg Rausch]], [http://www.lederzentrum.de/ Lederzentrum GmbH, Rosdorf].''<br></p>
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''Fachartikel in der [http://www.pro-leder.de/ Pro-Leder] Ausgabe 2019-05 von der [http://www.lederzentrum.de/ Lederzentrum GmbH, Rosdorf].''<br></p>
 
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==Fachartikel in der [http://www.pro-leder.de/ Pro-Leder] Ausgabe 2018-01 - Anilinleder – die Krönung der Lederarten?==
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==Fachartikel in der [http://www.pro-leder.de/ Pro-Leder] Ausgabe 2019-05 - Sind Trama, Piñatex & Co. eine Gefahr für Leder?==
Anilinleder ist in der obersten Preisklasse angesiedelt und wird als die beste aller Lederarten bezeichnet. Aus Kundensicht trifft das nicht immer zu.  
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Immer wieder tauchen Materialien auf, die kein Leder sind, aber wie Leder sein wollen oder sogar irreführend als „Leder“ bezeichnet werden. Dazu gehören Materialien wie Trama (Pilze) oder Piñatex (Ananas).  
  
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Alles Humbug? Wir hatten im Lederzentrum die Gelegenheit, uns Trama etwas näher anzuschauen. Zwei Jungunternehmer kündigten sich an und baten um Rat, wie man das Pilzmaterial Trama durch Bindemittel oberflächlich fixieren kann. Aufgrund von ersten Erfahrungen mit unseren Colourlock-Bindemittelprodukten wollten unsere Besucher erfahren, welchen Spielraum die Lederfarbenwelt für die Oberfläche von Trama bietet.
  
===Was ist Anilinleder?===
 
[[Anilinleder]], aufgrund einer früheren Namensgebung auch als „naturbelassenes Leder“ bezeichnet, ist ein [[Glattleder]], bei dem der [[Narbung|natürliche Narben]] bzw. die [[Haarporen]] noch deutlich und vollständig sichtbar sind. Eine [[Zurichtung|pigmentfreie Zurichtung]] darf maximal 0,01 mm Stärke aufweisen.
 
  
 
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===Was ist eigentlich Trama?===  
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Trama, auch Muskin, Mushroom Leather oder Zunderschwammpilz genannt, ist das schwammige Untermaterial von einem Baumpilz. Trama
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hat eine rauhlederartige Oberfläche und ist sehr weich und samtig.
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''Beim [[Anilinleder]] sind die [[Haarporen]] sichtbar und Feuchtigkeit dringt ein.''<br></p>
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Geregelt ist das in der DIN EN 15987 (Leder – Terminologie – Hauptdefinitionen für den Lederhandel, Juli 2015, Punkt 4.2.3.1). Auf diese Norm verweist die DIN 68871 (Möbel – Bezeichnungen und deren Anwendung, April 2017, Punkt 3.2.2) mit der Ergänzung, dass Anilinleder vollnarbig sein muss, bzw. der Narben nicht angeschliffen sein darf. Auf diese beiden Normen verweist wiederum die RAL GZ 430 (Allgemeine Güte- und Prüfbestimmungen für Möbel, Januar 2016, Punkt 9.8.2). Die DIN EN 16223 (Leder – Anforderungen an Bezeichnung und Beschreibung von Leder für Polsterungen und die Innenausstattungen von Automobilen, Februar 2013) verweist unter Punkt 5.3 auf die Lederartenbezeichnungen
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der DIN EN 15987. Somit ist der Terminus [[Anilinleder]] in den Normen definiert.
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In der Werbung des Handels werden diese Parameter um Kaufargumente ergänzt. Anilinleder müssen wegen der Sichtbarkeit des Narbens absolut [[Hautschäden|makellos]] sein. Das macht Anilinleder besonders edel und exklusiv, weil nur ein Bruchteil der Rohware ohne sichtbare [[Hautschäden]] ist. Anilinleder sehen natürlich und matt aus und haben eine angenehme, wachsige und warme [[Haptik]]. In der Argumentation und Preiseinteilung wird Anilinleder als das beste Leder eingestuft.
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===Was ist das beste Leder?===
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Diese Frage bekommt man oft auf [[Lederreparatur Schulungen - Leder Schulungen#Leder Schulungen|Lederschulungen]] gestellt. Hat eine besondere [[Exotenleder|Tierart]] das beste Leder, oder ist es eine bestimmte [[Lederarten|Lederart]]? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt darauf an, wofür das Leder verwendet wird, wie es beansprucht wird und was der Kunde davon erwartet.
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Ein butterweiches [[Ziegenleder|Ziegennappa]] ist bestens für [[Lederhandschuhe|Handschuhe]] geeignet, aber nicht für [[Autoleder|Fahrzeug-]] oder [[Möbelleder]]. Ein [[Vollnarbig|vollnarbiges]] [[Ledergürtel|Gürtelleder]] ist nicht für den Relaxledersessel geeignet und strapazierfähiges Autoleder nicht für die [[Schuhleder|Ledersohle eines Schuhs]]. Ein weiches [[Elchleder]] ist ein wunderschönes [[Lederbekleidung|Bekleidungsleder]], aber erfüllt nicht die Sicherheitsanforderungen, die an eine [[Motorradkombi]] oder an das [[Lederschuhe|Oberleder]] von Sicherheitsschuhen gestellt werden. Es gibt dazu keine [[Exotenleder|Tierart]], die eindeutig besser ist als das verbreitete [[Rindsleder]]. Es muss von Fall zu Fall unterschieden werden, welches Leder für einen Verwendungszweck in Frage kommt und ob es die geforderten [[Lederqualität|Qualitätsparameter]] erfüllt und dazu alltagstauglich aus Kundensicht ist.
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===Kann man die [[Lederqualität]] messen?===
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Es wäre einfach, wenn man nur eine Messung am Leder vornehmen könnte und damit die Qualität bestimmen würde. Es gibt aber nicht nur einen Parameter zur Ermittlung der [[Lederqualität]], sondern Dutzende. Insbesondere die [[Autoleder|Fahrzeug-]] oder [[Flugzeugleder|Flugzeughersteller]] haben eine Vielzahl an Anforderungen an die verarbeiteten Leder. Genormte Prüfparameter für Leder sind z. B. die Reibechtheit, die [[Lichtechtheit]], die [[Atmungsaktivität]], das [[Ledergewicht|Gewicht]], die [[Maße und Gewichte|Dicke]], die Zugfestigkeit, die Weiterreißkraft, die Zurichtungshaftung, die [[Brandschutz bei Leder - Schwerentflammbarkeit - Brennbarkeit|Schwerentflammbarkeit]], die Flexibilität, das Knickverhalten, die Wasserdurchlässigkeit, die Säure- und Laugenbeständigkeit, die Hydrolysebeständigkeit, die [[Haptik]], der [[Glanz|Glanzgrad]], die Rückpolierbarkeit, das Anschmutzungsverhalten, das [[Knarzverhalten]], der [[Ledergeruch|Geruch]] oder das [[Fogging]].
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''[[Lederqualität]] kann gefühlt und gemessen werden.''<br></p>
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''Trama ist ein atmungsaktives Fasermaterial.''<br></p>
 
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Um ein Leder zu bewerten, müssen die [[Lederqualität#Prüfkriterien der Lederqualität|relevanten Prüfparameter]] ermittelt werden. Erfüllt ein Leder alle Parameter, ist es geeignet, wenn der Preis dazu akzeptabel ist. Möchte man die Qualität verschiedener [[Lederhändler|Lederanbieter]] vergleichen, kann man dazu noch betrachten, wie weit das Leder die relevanten Parameter über dem geforderten Mindestmaßstab erfüllt. Ist ein Leder deutlich über den geforderten Mindestanforderungen, ist es besser als ein Leder, welches die Anforderungen nur knapp erfüllt. Neben dem Preis können auch Gerbarten ([[Chromgerbung#FOC = free of chrome|FOC = free of chrome]], [[Vegetabilgerbung|pflanzlich gegerbt]]) oder Gütesiegel wie der [[Blaue Engel]] oder das [[Emissionslabel für Lederpflege|DGM-Emissionslabel]] die Auswahl beeinflussen.
 
  
Betrachtet man aus diesem Blickwinkel den Möbel- und Fahrzeugpolstermarkt, erfüllen die Qualitätskriterien für Anilinleder nicht immer die Kundenerwartungen. Von Möbel- oder Autoledern erwarten die Kunden im höheren Preissegment
 
ein langlebiges Leder. Die Objekte sind teuer, und Neubezüge sind nicht nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung eingeplant. Die Kunden erwarten in den oberen Preisklassen, dass sie sich bei normalem Gebrauch über mehr als 10 Jahre
 
an ihrer Lederinvestition erfreuen können.
 
 
 
===Anilinleder als Fahrzeugleder===
 
Im [[Autoleder|Fahrzeugbereich]] erfüllt Anilinleder nicht die Mindestanforderungen der Autoindustrie. Bei
 
der Reibechtheit, Lichtechtheit oder dem Anschmutzungsverhalten fallen die Leder gnadenlos durch. Die Krönung der Lederarten ist daher im Fahrzeugbereich kaum vertreten oder wird bei Sonderausstattungen meist zum Problemfall.
 
BMW hatte im letzten Jahrhundert offenporiges [[Büffelleder]] im oberen Preissegment wie der 7er-Serie im Programm. Das Leder entwickelte mit der Zeit eine [[Patina]]. Da es aber zu stark ausblich und fleckempfindlich war, wurde es gegen
 
Ende des Lebenszyklus [[Zurichtung|pigmentiert]], um Reklamationen zu vermeiden. Der VW Touareg hatte in einer Sonderedition ein [[Semianilinleder]] im Angebot, welches schnell durch Flecken und Patinabildung auffiel. Viele Kunden waren unzufrieden, und die Lederart wurde wieder aus dem Sortiment genommen. Auch das Reinanilin im Audi RS6 war extrem empfindlich, und ein verschwitztes Hemd hinterließ eingezogene Flecken. All diese Leder erfüllten die Normen für diese Lederart, aber für den Endverbraucher sind diese Mindestanforderungen zu wenig lebensnah. Aus diesem Grund hat die Autoindustrie strengere Qualitätsparameter, die mindestens erfüllt werden müssen, welche Anilinleder für diesen Verwendungszweck ausschließen.
 
 
 
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[[bild:Anilin-Touareg-01.jpg|250px]]
 
[[bild:Anilin-Audi-RS6-01.jpg|250px]]
 
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''[[Autoleder#Volkswagen|VW Touareg]] mit [[Semianilinleder]]. - [[Autoleder#Audi|Audi]] mit Vollanilinleder ohne jeden Schutz und Schweißflecken.''<br></p>
 
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===Anilinleder als Möbelleder===
 
Im [[Möbelleder|Möbelsegment]] sind Anilinleder wesentlich häufiger vertreten. Möbelleder werden von den Käufern eher [[Haptik|haptisch geprüft]], und kalte Leder mit einer starken [[Zurichtung|Pigmentierung]], die im Fahrzeugbereich akzeptiert werden, kommen für Möbel seltener in Frage. Je weicher und natürlicher sich ein Leder anfühlt, desto eher findet es das Wohlwollen des Endverbrauchers. Die typischen [[Lederqualität|Qualitätsprüfungen]] bei Möbelledern sind die [[Maße und Gewichte|Stärke]], das Dauerfaltverhalten, die Weiterreißfestigkeit, die Zurichtungshaftung (wenn vorhanden), die [[Lichtechtheit]] und die Reibechtheit. Weil Anilinleder empfindlicher sind und nicht die Mindestparameter der Lichtechtheit und Reibechtheit der [[Semianilinleder]] erfüllen können, sind die Mindestanforderungen an Anilinleder niedriger. Im Ergebnis bleicht ein Anilinleder sichtbar stärker aus als ein Semianilinleder und ist deutlich fleckenempfindlicher.
 
 
 
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[[bild:Pro-Leder-2018-01 01.jpg|300px]]
 
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===Anilin-, Semianilinleder (RAL GZ 430)===
 
Bei der [[Lederherstellung]], beim [[Verschnitt|Zuschnitt]] in der Verarbeitung, beim Möbelverkauf und beim Endverbraucher tauchen Probleme bei Anilinledern auf. Die Gerber müssen die Erwartungen des Möbelhandels und der Endkunden erfüllen. Der Möbelhandel erwartet [[Partie|gleichbleibende Ware]] und mit dem Endkunden zusammen möglichst wenige Reklamationen aufgrund der [[Lederarten|Lederart]]. Anilinleder kann diese Erwartungen kaum erfüllen. Aufgrund der Offenporigkeit und mangels [[Zurichtung|Pigmentierung]] fallen [Partie|Chargen]] unterschiedlich aus, und selbst kleinste [[Hautschäden]] bleiben sichtbar. Der Möbelhersteller tut sich dadurch beim [[Verschnitt|Zuschnitt]] schwer und hat die Wahl zwischen höherem Verschnitt oder einem höheren Reklamationsrisiko.
 
 
 
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[[bild:Anilin-Ausbleichen-05.jpg|250px]]
 
[[bild:Anilin-Ausbleichen-02.jpg|250px]]
 
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''Anilinleder [[Lichtechtheit|ausgeblichen]]. - Unterschiedliches Alterungsverhalten unterschiedlicher [[Partien|Chargen]].''<br></p>
 
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Der [[Ledermöbel|Möbelhandel]] muss den Kunden die Vorteile vom Anilinleder preisen, aber tut sich schwer, die Empfindlichkeit zu kommunizieren. Der Endverbraucher erwartet in der oberen Preisklasse ein dauerhaftes Leder und ist bei sichtbarer Ausbleichung und Flecken mehrfach enttäuscht. Zum einen ist er enttäuscht, dass es überhaupt zu Farbveränderungen und Flecken kommt, und dann ist er enttäuscht, dass die Behebung der Probleme nicht mit einfachen Mitteln möglich ist. Bei einer [[Zurichtung|Pigmentzurichtung]] ziehen Flecken nicht sofort ein und können mit [[Lederreiniger|wässrigen Reinigern]] meist rechtzeitig entfernt werden, und [[Lederschäden#ebrauchsspuren auf Leder|Gebrauchsspuren]], die die [[Lederfarbe|Pigmentierung]] geschädigt haben, können mit einer [https://www.lederzentrum.de/tip/moebel/glattleder.html Farbauffrischung] wieder ausgeglichen werden. Der Kunde kann selber kostengünstig tätig werden und bekommt das Problem großteils behoben. Bei Anilinledern sind die Farbveränderungen großflächig, und eingezogene Flecken lassen sich in den seltensten Fällen mit einem Reiniger entfernen.
 
 
 
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[[bild:Anilin-falsche-Reinigung-01.jpg|250px]]
 
[[bild:Anilin-falsche-Reinigung-02.jpg|250px]]
 
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''[[Anilinleder]] ist schwieriger zu reinigen als [[Zurichtung|pigmentierte Leder]]. Schnell vergrößert man die Flecken durch falsche [[Lederreiniger|Reinigungsversuche]].''<br></p>
 
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Oft fragen uns Kunden, warum sie mehr Geld für das schlechtere Leder ausgegeben haben. Wir erklären diesen Kunden, dass sie die Seide des Leders erworben haben und man mit Seide nicht bei schlechtem Wetter Pilze suchen würde. Meist
 
ist dann die Entgegnung, warum man das nicht beim Kauf mitgeteilt bekommen hatte. Man hätte sich dann für eine andere Lederart entschieden. Leider ist die Einstellung und Konditionierung bei den meisten Möbelverkäufern so, dass man
 
lieber eine Unterschrift oder Provision kassiert, als dass man womöglich den Kunden verliert. Die Möbelhändler werden später als Vertragspartner mit den Reklamationen konfrontiert und hoffen, dass der Möbelhersteller oder die Kundendienstfirmen das Problem beheben können.
 
 
Bei Anilinledern ist eine [[Lederreparaturen|Reparatur]] aber deutlich schwieriger und seltener möglich als bei [[Zurichtung|pigmentierten Ledern]]. Das Leder entspricht den Anforderungen der Norm für diese Lederart, und der Kunde bleibt auf seinem Schaden sitzen. Was nützt es, wenn das Leder die Anforderungen an die Lichtechtheit und Reibechtheit erfüllt, aber der Kunde eine verblichene und/oder fleckige Garnitur hat, die ihm nicht mehr gefällt? So ein Kunde ist für die [[Lederindustrie]] dauerhaft verloren.
 
 
 
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[[bild:Anilin-Moebel-01.jpg|250px]]
 
[[bild:Anilin-Patina-01.jpg|250px]]
 
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''Neu [[Ledermöbel|Möbel]] mit [[Anilinleder]]. - Älter Anilinledermöbel mit einer schönen [[Patina]].''<br></p>
 
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===Anilinleder mit leichten Pigmentzurichtungen===
 
Bei einer Umfrage des Lederzentrums bei Endverbrauchern im Jahr 2010 (PRO-LEDER 2010-01, Seite 14 „Auto- und Möbelleder aus Sicht der Endverbraucher“) waren 71 Prozent der Endverbraucher mit Anilinledermöbeln bei Ausbleichungen und Flecken mit dem Kauf im Nachhinein unzufrieden. Knapp 80 Prozent beklagten verblichene Möbel, und ca. 20 Prozent hatten
 
Fettflecken im Kontaktbereich. Mit im Handel kursierenden Lederbeschreibungen wie „Anilinleder leben mit und werden mit der Zeit schöner“ sind betroffene Kunden nicht zu befriedigen. In der Absicht, dieses Dilemma zu mildern, behalfen
 
sich Gerber teilweise durch Fasspigmentierungen oder durch leichte [[Zurichtung|Oberflächenpigmentierungen]], welche die Optik der Leder verbessern und die Empfindlichkeit mindern. Der Hersteller war zufriedener, weil die Ware gleichbleibender war, und der Handel und Endverbraucher, weil das Leder zu weniger Reklamationen führte und pflegeleichter wurde. Kam es doch zu Reklamationen, aus welchen Gründen auch immer, wurden die als Anilinleder titulierten Leder auf Anilinleder geprüft. Konnten Pigmente auf der Oberfläche festgestellt werden, war das Leder laut Norm kein [[Anilinleder]]. Wurde das Leder dann alternativ als [[Semianilinleder|Semianilin]] getestet, fiel das Leder bei der Reib- und/oder Lichtechtheit durch. Das Leder war dann mangelhaft, und der Endverbraucher hatte eine Anspruchsgrundlage für eine Reklamation.
 
 
 
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[[bild:Lederfärbung-03.jpg|500px]]
 
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''Aufbau der [[Lederfarbe|Lederfärbung]], [[Zurichtung]]. Ohne Zurichtung = Anilinleder.''<br></p>
 
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Ist ein Leder, welches die Anforderungen für Anilinleder erfüllt, aber eine leichte Pigmentierung aufweist und die Parameter für Semianilinleder nicht erfüllt, mangelhaft? Ganz sicher nicht. So ein Leder ist weiterhin sehr
 
natürlich und hat dazu eine größere Gebrauchstauglichkeit. Die Natürlichkeit ist geringer als beim Reinanilinleder, aber höher als beim Semianilinleder. Mangelhaft sind allenfalls die relevanten Normen, weil sich eine Lücke zwischen der Definition für Anilinleder und Semianilinleder auftut, die vom Lederhersteller bis zum Endverbraucher nicht
 
erwünscht ist und von keinem als schützenswert erachtet wird.
 
 
 
===Anilinleder veredelt (gebrauchsoptimiert)===
 
Bedauerlicherweise ist die Füllung dieser Lücke komplizierter als vermutet. Die beschriebene Problematik führt bis dato nur in Deutschland zu Problemen, aber die relevanten Normen müssen EU-weit abgestimmt sein. Auch [[FILK|erfahrene Prüfinstitute]] tun sich nachvollziehbar schwer, die fehlende Lederart eindeutig abzugrenzen. Um eine Rechtssicherheit für die Gerber zu schaffen, die Anilinleder mit Pigmenten korrigieren, wurde die Norm RAL 061 A1 (Abgrenzung der Qualitätsklassen von Polsterleder im Möbelbereich, Bezeichnungsvorschriften und Gütebedingungen, März 2016) ins Leben gerufen. Unter Punkt 3.2 wird die Lederart „[[Anilinleder veredelt - Veredeltes Anilinleder|Anilinleder veredelt (gebrauchsoptimiert)]]“ aufgeführt, die die Lücke zwischen [[Anilinleder|Anilinledern ohne Pigmentierung]] und den [[Semianilinleder|Semianilinledern]] schließen sollte.
 
 
Bei dieser Lederart muss der [[Narbung|natürliche Narben]] noch deutlich sichtbar sein, die [[Haarporen|Haarkanäle]] dürfen nicht vollständig mit der [[Zurichtung]] gefüllt sein, und eine pigmenthaltige Zurichtung darf nicht stärker als 0,01 mm sein. Der neuen Norm fehlt bisher die allgemeine Akzeptanz. Es wird argumentiert, dass es Leder gibt, die mit unter 0,01 mm Pigmentzurichtung die Normen für Semianilinleder schaffen und somit keine Lücke vorhanden ist, und dass die Abgrenzung zwischen „Narben deutlich und vollständig sichtbar“ (Anilinleder) und „Narben deutlich sichtbar, Haarkanäle nicht gefüllt“ (Anilinleder veredelt) und „Narben deutlich sichtbar“ (Semianilinleder) unscharf und daher nicht messbar ist, was zutreffend ist. Dazu wird argumentiert, dass durch die Bezeichnung „Anilinleder veredelt (gebrauchsoptimiert)“ ein Risiko der Verwässerung des Begriffs Anilinleder eintritt. Vergleiche wie „Gold mit Blei überziehen“ wurden dabei gezogen.
 
 
 
===Endverbraucher und der Begriff Anilinleder===
 
Das Lederzentrum ist ein Spezialist für Lederreinigungs- und Pflegeprodukte und Lederreparaturprodukte. Daher betrachten wir den Ledermarkt meist aus Sicht des Kunden, der ein Lederobjekt in seinem Besitz hat und es [[Lederreiniger|reinigen]], [[Lederpflege|pflegen]] oder [[Lederreparaturen|reparieren]] möchte. Voraussetzung für eine Verwässerung des Begriffs Anilinleder wäre eine Kenntnis des Endverbrauchers, worum es sich bei Anilinleder handelt. Aus unserer Erfahrung wissen die meisten Endverbraucher mehr oder weniger sicher, was Leder ist. Fragt man nach Begriffen wie [[Anilinleder]], [[Semianilinleder]], [[Spaltleder]], [[Rauhleder]] oder [[Wildleder]], ist die Antwort meist weitab der Definitionen der Normen.
 
 
 
===Endverbraucherbefragung zum Begriff Anilinleder===
 
Im Januar 2018 befragten wir 45 Privatkunden, die sich mit Lederfragen ans Lederzentrum wandten, ob der Begriff [[Anilinleder]] bekannt ist, und ob die Eigenschaften der Lederart bekannt sind. 35 Anrufer kannten den Begriff nicht, und weitere 7 kannten die Eigenschaften nicht. Von den verbleibenden drei Anrufern konnte nur einer die Begriffe „offenporig“ und die Ausbleichund Fleckenempfindlichkeit richtig zuordnen. Im Ergebnis waren 93 Prozent der Anrufer der Begriff komplett unbekannt, oder konnten die relevanten Eigenschaften gar nicht benennen.
 
 
 
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[[bild:Pro-Leder-2018-01 02.jpg|500px]]
 
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Endverbraucher kennen sich mit den Termini der Lederfachleute nicht aus. Dafür gibt es viele Gründe. In der Schule oder Ausbildung werden die Begriffe nicht gelehrt, außer man lernt einen Lederberuf. Die in der weiten Vergangenheit allerorts vorhandene [[Lederindustrie]] ist nicht mehr vorhanden. Allenfalls Familiennamen oder Straßennamen erinnern noch daran. Oft werden [[ederarten]] falsch oder missverständlich angegeben, und zunehmend werden Leder mit der nächsthöheren Qualitätsklasse bezeichnet, ohne deren [[Lederqualität|Anforderungen]] zu erfüllen. Hier ist der Hauptgrund für die Verwässerung der Lederbegriffe zu finden. Es sind nicht die Bezeichnungen der Normen, die es schwierig machen, die Termini zu erklären und zu unterscheiden, sondern es sind die Inverkehrbringer von Lederwaren, die nicht entsprechend der genormten Fachbegriffe deklarieren, sondern falsch auszeichnen.
 
 
Auf der Strecke bleibt der Endverbraucher, der erwartet, dass das Gekaufte seinen Wünschen entspricht und richtig deklariert ist. Beim Anilinleder wäre eine Einteilung in Reinanilinleder und Anilinleder veredelt durchaus vorstellbar und für den Endverbraucher eine erkennbare Orientierung, wenn sich alle an die Deklarationen halten würden. Eine Pigmentierung bedeutet nicht Blei auf Gold. Dann wäre Semianilinleder noch minderwertiger, wobei es eine hochwertige Lederart ist, und pigmentierte Leder wären dann noch viel schlechter angesiedelt. Diese Diskussion geht in eine ganz falsche Richtung. Anilinleder veredelt ist zwischen Anilinleder und Semianilinleder angesiedelt und somit hochwertig und wertvoll und eher zwischen Gold und Silber angesiedelt.
 
 
 
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[[bild:Jacke-Rindsleder-003.jpg‎|250px]]
 
[[bild:Sattel-Fahrradl-Brooks-01.jpg|250px]]
 
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[[bild:Schuh-Fleckenränder-01.jpg|250px]]
 
[[bild:Louis-Vuitton-Koffer-01.jpg|250px]]
 
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''Anilinleder gibt es in allen Bereichen: [[Bekleidungsleder]], [[Sattel|Fahrradsattel]], [[Lederschuhe|Schuhleder]], [[Lederhandtaschen|Taschen-]] und [[Lederkoffer|Kofferleder]]''<br></p>
 
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Da auch Semianilinleder den Begriff „Anilin“ beinhaltet, muss es einem dazwischenliegenden Begriff auch gestattet sein, diese Bezeichnung zu führen. Die Argumentation, dass durch die Bezeichnung Anilinleder veredelt eine hochwertigere Lederart als Anilinleder angepriesen würde, ist aus Sicht des Endverbrauchers sogar zutreffend. Der Endverbraucher wünscht sich bei hochpreisigen Ledermöbeln und Fahrzeugpolstern mit Leder ein langlebiges Produkt. Die Empfindlichkeit von Reinanilinledern müsste beim Kauf deutlich kommuniziert werden, damit ein Endverbraucher eine realistische Wahlmöglichkeit hat, das für ihn Richtige auszuwählen.
 
 
Durch die Füllung der Lücke zwischen reinem Anilinleder und Semianilinleder durch eine Lederart Anilinleder veredelt wird real und mit der Norm eine Lücke gefüllt. Kunden wohnen heutzutage auf ihren Möbeln. Die gute Stube ist nicht mehr nur besonderen Anlässen vorbehalten. Man legt sich mit Jeans auf die Möbel und isst und trinkt auf den Möbeln. Die Fensterfronten sind größer geworden, und es gibt mehr Wintergärten. All diese Veränderungen machen die empfindlicheren Anilinleder im Möbelbereich für viele Endverbraucher zu einem No-Go.
 
 
Die neue Lederbezeichnung bietet zudem dem Verkaufspersonal Argumentationsmöglichkeiten, eine leichte Pigmentierung zu vermitteln, die eindeutig hochwertig angesiedelt ist. Dem in der Minderheit vertretenen Puristen, der Reinanilin kennt, versteht und möchte, verbleibt weiterhin die Möglichkeit, sein [[Anilinleder]] mit der später unvermeidlich auftretenden [[Patina]] zu erwerben.
 
 
 
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[[bild:Pro-Leder-2018-01-03.jpg|500px]]
 
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''[[Anilinleder]] ist wertvoll und [[Haptik|natürlich]], aber nicht [[Lederpflege|pflegeleicht]] und [[Lederreparaturen|reparaturfreundlich]].''<br></p>
 
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Die Lederart Anilinleder veredelt wird mit einer Lichtechtheit von mindestens 3 und einer Reibechtheit von trocken 100 Zyklen, nass 40 Zyklen und pH 8 30 Zyklen keine unempfindliche Lederart sein und für den Fahrzeugbereich nicht in Frage kommen, aber es füllt eine Regelungslücke, die durch real existierende Lederangebote gefüllt wird und fasst eine Lederart, die vom Endkunden akzeptiert wird, juristisch und begrifflich in klare Worte, was wünschenswert und nötig ist.
 
  
  

Version vom 1. Oktober 2019, 06:40 Uhr

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Fachartikel in der Pro-Leder Ausgabe 2019-05 von der Lederzentrum GmbH, Rosdorf.

 

Fachartikel in der Pro-Leder Ausgabe 2019-05 - Sind Trama, Piñatex & Co. eine Gefahr für Leder?

Immer wieder tauchen Materialien auf, die kein Leder sind, aber wie Leder sein wollen oder sogar irreführend als „Leder“ bezeichnet werden. Dazu gehören Materialien wie Trama (Pilze) oder Piñatex (Ananas).

Alles Humbug? Wir hatten im Lederzentrum die Gelegenheit, uns Trama etwas näher anzuschauen. Zwei Jungunternehmer kündigten sich an und baten um Rat, wie man das Pilzmaterial Trama durch Bindemittel oberflächlich fixieren kann. Aufgrund von ersten Erfahrungen mit unseren Colourlock-Bindemittelprodukten wollten unsere Besucher erfahren, welchen Spielraum die Lederfarbenwelt für die Oberfläche von Trama bietet.


Was ist eigentlich Trama?

Trama, auch Muskin, Mushroom Leather oder Zunderschwammpilz genannt, ist das schwammige Untermaterial von einem Baumpilz. Trama hat eine rauhlederartige Oberfläche und ist sehr weich und samtig.


Mushroom-leather-Trama-01.jpg

Trama ist ein atmungsaktives Fasermaterial.

 



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