Hirngerbung

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Die Hirngerbung, also die Gerbung von Tierhäuten mit der tiereigenen Hirnmasse, ist ein nahezu in Vergessenheit geratenes Gerbverfahren, das in der Praxis heute kaum noch anzutreffen ist. Historisch wurde es hauptsächlich von nordamerikanischen Ureinwohnern angewandt und mit einer Rauchkonservierung verbunden.

Vorteile der Hirngerbung war, dass Hirn durch das Töten der Tiere immer mit vorhanden war und die Gerbung mit Hirn schnell ist. Eine Hirngerbung dauert nur wenige Tage. Auch der technische Aufwand ist gering und die Leder sind leicht weich zu machen. Die Produktion ist zu 100% aus Naturprodukten und man benötigt keine weitere "Chemie".

Nachteil ist der erhöhte Arbeitsaufwand und die erfolgreiche Gerbung gelingt nicht so einfach wie bei den sonst üblichen Gerbarten. Die Hautschicht der Haarseite sowie die Fett- und Fleischreste der Rückseite müssen im trockenen Zustand sehr sorgfältig entfernt werden, damit das Hirn gut in die Fasern eindringen kann. Nur so wird das Leder schön weich. Bei kleineren Häuten kann auch nass gearbeitet werden. Da die Hirnmasse nicht über ein Bad in die Lederfaser eingebracht wird, muss die mit erheblichem Arbeitsaufwand in die Faser gedrückt werden. Das muss sorgfältig erfolgen, damit das Ergebnis schön wird.

Die Gehirnmasse löst das hauteigene Fett und bewirkt gleichzeitig eine äußerliche Fettung sowie einen Fülleffekt ähnlich dem Glacéverfahren. Vorbereitend wird das Gehirn zuerst gekocht und dann in kleinen Portionen auf die Rohhaut (mit oder ohne Haarbesatz) aufgetragen, bevor es mit einem runden, stumpfen Gegenstand so kräftig in die Haut einmassiert wird, als ob man die Hirnmasse auf der anderen Hautseite wieder herausdrücken wolle. Nach dem Einreiben wird auch das Kochwasser des Gehirns auf diese Weise in das Leder aufgetragen, um den Gerbstoff noch besser zu verteilen.

Hirngegerbte Leder sind an sich nicht resistent gegen Verhärtungen beim Trocknen, nachdem sie Nässe ausgesetzt waren. Wie beim Glacéleder spricht man hier von einer "unechten", nicht permanenten Gerbung, da die Hautfasern selbst sich chemisch nicht verändern und die Gerbung prinzipiell auswaschbar ist. Auch der Gerbvorgang selbst ist wie bei der Weißgerbung sehr kurz und kann in wenigen Tagen abgeschlossen sein.

Um die Weichheit hirngegerbter Leder dennoch zu gewährleisten, wurden sie traditionell in einem speziellen Zelt über Holzrauch gelagert, was der Haut einen dunklen Braunton verlieh. Ohne dieses Verfahren ist das Leder weißlich.


Die Empfehlung, wenn man im geringen Umfang Rohhaut selber mit Hirn gerben möchte

  • Die haut muss sauber entfleischt sein. Dann wird das die Rohhaut mehrere Stunden in kaltes Wasser getaucht. Bei einer mit Salz konservierten Haut drei bis vier Mal auswechseln, damit das Salz restlos ausgespült wird.
  • Die Haut aufhängen und abtropfen lassen.
  • Die Haut in einem Rahmen spannen und trocknen lassen. Dazu alle 5 Zentimeter im Außenrand Löcher in die Haut machen. Dann die Haut immer jeweils gegenüberliegend mit einer stabilen Schnur mit leichtem Zug in den Rahmen spannen. Erst oben, dann unten, dann links, dann rechts etc. Wenn alle Schnüre gespannt sind, die Haut trocknen lassen. Dabei zieht sich die Haut zusammen und wird wie Trommel-Pergament aussehen.
  • Trockenschaben: Haare und Oberhaut und Membrane der Fleischseite werden trocken abgeschabt. Der Vorgang muss sehr sorgfältig gemacht werden, damit die Hirnmasse später gut eindringen kann und das Leder weich wird. Sonst bleibt das Leder hart. Das Schabwerkzeug muss eine scharfe Klinge haben. Auf der Haarseite werden zuerst die Haare abgeschabt und dann die Oberhaut (Epidermis), die wie dünnes Zigarettenpapier ist und blassgrau ist. Auf der Fleischseite wird die Unterhaut (Membran) auf gleiche Weise entfernt.
  • In Bereichen, wo die Haut dicker ist (manchmal Rückrat, Nacken oder Schenkel), mehr schaben, um die Haut dünner zu machen.
  • Wenn das Leder glatt werden soll, noch mal mit Schmirgelpapier feinschleifen.
  • Die Haut aus dem Spannrahmen schneiden.
  • Ca. 800 Gramm Kalbshirn (oder von anderen Tieren) in 3 Liter Wasser kochen. Die Hirne bei ständigen Rühren in 10 Minuten zu einem dicken Brei kochen und abkühlen lassen.
  • Die Haut 30 Minuten in Wasser eintauchen, um die wieder weich zu bekommen. Abtropfen lassen.
  • Die Haut dann ca. 15 bis 20 Minuten in den Hirnbrei tunken und ab und zu durchkneten.
  • Die Haut über ein straffes Seil hängen und darunter einen Behälter zum Auffangen der Feuchtigkeit stellen.
  • Die Haut wird zusammen gerollt und die Enden ineinander gesteckt, dass ein "Ring" entsteht. Dann einen Stock durch den Kreis stecken und das Leder sehr stark eindrehen, damit die Hirnmasse in die Lederfasern gepresst wird und die Haut durchdringt. Überschüssige Hirnmasse im Behälter auffangen. Das Wringen fünf bis zehn Mal wiederholen.
  • Danach evtl. vorkommende Löcher im Leder zunähen, damit die beim Walken nicht größer werden.


Weitere Informationen


Film über die Lederherstellung

Filme über die Lederherstellung in der Gerberei


Stationen der Lederherstellung
Lagern - Weichen - Entfleischen - Äscher - Beizen - Gerbung - Abwelken - Sortieren - Spalten - Falzen - Neutralisieren - Füllen - Färben - Fetten - Trocknen - Stollen - Zurichtung - Kontrolle


Verfahren der Gerbung
Chromgerbung - Lohgerbung - Weißgerbung - Fettgerbung - Synthetische Gerbung


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