Lederschuhe weiten: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 2. Januar 2012, 02:57 Uhr
Neue Schuhe oder Stiefel können zu eng sein und dadurch schmerzhafte Druckstellen oder Blasen erzeugen. Daher stellt sich oft die Frage, ob und wie das Schuhleder weicher gemacht werden oder gedehnt werden kann.
Grundsätzlich sind Schuhoberleder aus festem, dickem Rindsleder. Daher gibt es nur bedingt Spielraum, Fläche zu gewinnen und das Leder zu weichen. Unter einem Mikroskop ist Leder ein Fasergeflecht. Ein Gramm Leder hat bis zu 300 m² innere Oberfläche, da seine feinen Fasern stark miteinander vernetzt sind. Dadurch hat Leder eine hohe Festigkeit gegen Reißen und Biegen.
Leder im Querschnitt - das Fasergeflecht ist extrem dicht und daher stabil
Der Gerber oder Schuhmacher nutzt zwei Methoden dieses Fasergeflecht beweglicher zu machen oder zu dehnen.
Zum einen kann das Fasergeflecht durch „Bewegung“ lockern. Der Gerber macht das durch Walken und der Schuster klopft das Leder weicher. Durch das Klopfen oder Walken werden die Fasergefüge mikroskopische gedehnt oder gerissen und das Leder wird weicher und gewinnt etwas Fläche. Solange das professionell gemacht wird, bleibt die notwendige Stabilität des Leders erhalten.
Die zweite Möglichkeit ist die Anfeuchtung neben der „Bewegung“. Durch ein Anfeuchten des Leders weicht/quillt man das Fasergeflecht auf und kann das Leder im feuchten Zustand dann leichter und dauerhafter verformen. Gerber machen sich das zu Nutze, wenn Leder zur Formung verändert werden müssen. Nach dem Trocknen bleibt dann die neue Form erhalten.
Daher ergeben sich mehrer Möglichkeiten, Schuhleder weicher zu machen:
Bei Schuhen, die nur leicht drücken, sollten die Schuhe daher erst mal nur eingelaufen werden. Am besten mit etwas dickeren Socken ca. eine Stunde mit den Schuhen laufen und bei Erfolg wiederholen. Nicht zu dicke Socken tragen, weil sonst das Leder überdehnt werden könnte und der Schuh zu groß wird.
Häufig wird auch das anfeuchten der Socken empfohlen. Das ist durchaus eine gute Idee. Durch die Anfeuchtung wird das Leder zusätzlich vorgeweicht und ist dann leichter zu verformen.
Um die „Anfeuchtung“ des Leders ranken aber auch viele Mythen. Z.B. wird häufig empfohlen, in den Schuh oder Stiefel zu „pinkeln“. In den Foren wird auch Alkohol, Sprays aus dem Fachhandel, Fett oder unser Schuhwaschmittel empfohlen. Das Gerücht, Urin sei besonders gut, ist falsch. Jede Anfeuchtung macht Leder erst mal weicher. Aber nicht gewünschte Fremdstoffe sollten vermieden werden. „Wasser“ wäre immer besser als Urin. Alkohol ist gar nicht geeignet, weil Leder Fette enthält und die durch Alkohol angelöst werden und das Leder dadurch Geschmeidigkeit verliert. Fette sind nur bedingt hilfreich, weil die zäh sind und gar nicht ins Fasergefüge vordringen. Fette sind als Pflege gut, weil die die Oberfläche imprägnieren, was bei Schuhen und Stiefeln für den täglichen Gebrauch wichtig ist. Für das „weicher machen“ sind Fette aber nur wenig hilfreich.
Rückfettende „Feuchtigkeit“ wie Öle, entsprechende Sprays oder rückfettende Schuhwaschmittel machen sich zwei Elemente für das „weicher machen“ zunutze. Zum einen wird das Leder bzw. Fasergeflecht durch die Anfeuchtung aufgeweicht und durch die Rückfettung bleibt das Leder nach der „Ölung“ des Fasergeflechts weicher. Die Fasern erstarren nicht wieder nach der Trocknung sondern bleiben durch die Rückfettung beweglicher.
Die Empfehlung bei der Anwendung eines rückfettenden Schuhwaschmittels: Das zu harte Leder mit einer Mischung 1:1 von Leder Schuhwaschmittel und Wasser von innen anfeuchten und die Schuhe oder Stiefel dann mindestens eine Stunde einlaufen. Dadurch wird das Leder nachgeben und anschließend weicher bleiben.
Hinweise zum Trocknen nach der Anfeuchtung oder generell, wenn Schuhe durchnässt worden sind: Niemals zu heiß trocknen. Also nicht auf die Heizung stellen oder zu heiß fönen. Durch die Erhitzung verklebt das Fasergeflecht zu stark und das Leder wird hart und kann bei zu hohen Temperaturen sogar schrumpfen. Das Fasergeflecht kann dann nur durch starken Kraftaufwand wieder gelöst werden und dadurch leidet das Fasergefüge. Die Faserverbindungen reißen dann durch die gewaltsame Lösung.
Schuhe können schmerzhaft eng sein
Beim Trocknen sollten die Schuhe auch immer ausgestopft werden oder unlackierte Schuhspanner verwendet werden. Das offene Holz der Spanner oder das Zeitungspapier binden zusätzlich die Feuchtigkeit und sorgen neben der Formgebung für ein schnelleres Trocknen.
Wichtig bei der Anfeuchtung: Bei dunklen Ledern kann man sorglos mit Feuchtigkeit arbeiten, um das Leder weicher zu machen. Schwarze Leder sind daher besonders unproblematisch. Bei hellen Ledern muss man aber sehr vorsichtig sein. Schnell erzeugt man Flecken oder Ränder, weil die Feuchtigkeit durchschlägt. Offenporige Glattleder werden durch Öl sofort dunkel. Daher bei hellen Ledern maximal leicht angefeuchtete Socken beim Einlaufen der Schuhe oder Stiefel tragen. Sind erst mal Ränder oder Flecken da oder ist das Leder durch die Anfeuchtung insgesamt dunkler geworden, dann ist das meist nicht mehr rückgängig zu machen. Sollten Flecken oder Ränder sichtbar werden, muss schnell reagiert werden. Den Bereich, wo die Feuchtigkeit sichtbar durchgeschlagen ist sofort mit einem Fön nicht zu heiß trocknen. Dadurch wird die Randbildung häufig verhindert. Das funktioniert aber nur bei Rändern auf Wasserbasis. Öl lässt sich nicht „trocknen“.
Bei hellen Ledern und grundsätzlich bei teuren Schuhen sollte man sich an einen Fachmann wenden. Fachleute sind in diesem Fall die Schuhmacher. Für Schuhmacher gehört es zu den normalen Arbeiten, Schuh- oder Stiefelleder weicher zu machen oder zu dehnen. Durch eine Klopftechnik wird das Leder mit entsprechenden Werkzeugen weicher geklopft. Das Fasergefüge wird gelockert.
Die beschriebenen Methoden funktionieren natürlich nur, wenn das Leder nur leicht drückt. Deutlich zu enge Schuhe oder mit völlig falscher Passform sind nicht zu retten. Dann kann das Leder durch die Gewaltanwendung um es weicher zu bekommen sogar einreißen.
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