Kunstleder
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Was ist Kunstleder?
Kunstleder gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Unter Kunstleder versteht man Materialien, die wie Leder aussehen, aber nicht als solche deklariert werden dürfen, weil es sich nicht um Leder im Sinne der Definiton handelt.
Da Leder ein teures Material ist und durch die Narben und Schäden auf Leder und die unregelmäßige Außenkontur einer Lederhaut die Verschnittkosten sehr hoch sind, wurde schon immer versucht, eine Lederoberfläche durch ein Substitutionsmaterial darzustellen. Kunstleder werden in fast allen Bereichen, wo auch Leder eingesetzt wird, verarbeitet: bei Schuhen, Bekleidung, Möbeln oder Fahrzeugleder.
Optisch ist es den Herstellern sehr gut gelungen, eine Lederoberfläche zu imitieren. Die technischen Eigenschaften von Leder (Atmungsaktivität, Wasserdampfdurchlässigkeit etc.) werden von Kunstleder aber nicht annähernd erreicht. Daher ist Kunstleder bisher meist die preiswerte Alternative zu Echtleder.
Es gibt aber auch Bereiche, wo Kunstleder besser ist als Leder. Eine Motorradsitzbank, die Außenpolster bei Booten oder die Sitze von Jetski sind haltbarer als die Alternativen in Leder. Sonne und Wasser würden dem Leder zu stark zusetzen.
Kunstleder in einem Boot
Auch im medizinischen Bereich (Zahnarztliegen, Massageliegen, Untersuchungs- und Behandlungsmöbel) sind haltbarer, wenn diese aus Kunstleder sind. Solche Möbel müssen regelmäßig desinfiziert werden. Desinfektionsmittel sind meist auf Lösungsmittelbasis. Das würde die obere Farbschicht der Leder aber zu schnell anlösen oder verspröden lassen.
Kunstleder in der Zahnarztpraxis - Behandlungsliegen
Kunstleder wird auch Skai, Vinyl, Pelliccia artificiale oder Piel artificial genannt. Meist tauchen aber Kennzeichnungen wie "Polyamid" oder "Polyester" und ähnliches auf. Kunstfelle werden auch als Artificial fur oder Fourrure artificielle gekennzeichnet.
Die Unterscheidung zu echtem Leder ist nicht immer einfach. Merkmal von Kunstleder ist in der Regel eine textile Rückseite, die mit dem Kunststoff beschichtet ist. Es gibt aber auch Kunstleder, wo selbst die Rückseite wie ein Echtleder aussieht und selbst Experten das Material nicht auf den ersten Blick als Kunstleder identifizieren. Für den Endverbraucher ist es daher um so schwieriger, Leder und Kunstleder zu unterscheiden. Aber auch Experten tun sich mit einer Festlegung schwer, wenn wie bei einer Türverkleidung oder einer Handtasche die Rückseite des Materials nicht angeschaut werden kann.
Das Narbenbild ist bei echtem Leder unregelmäßiger, da Kunstleder maschinell geprägt werden muss, wodurch sich eine gleichförmigere Oberfläche ergibt. Bei geprägten Ledern ist das aber auch der Fall.
Kunstleder schmilzt bei großer Hitze und brennt gut, während Leder nur glimmt und verhärtet. Bei Kunstledern ist der Brandgeruch wie verbranntes Plastik. Bei Leder wie verbrannte Haare.
Experten merken auch, dass Kunstleder i.d.R. dünner ist und sich bei Erwärmung stärker dehnt. Ein Endverbraucher kann so etwas mangels Erfahrung kaum erkennen.
In der Regel kann man sich auf die Kennzeichnung der Hersteller verlassen. Bei Online-Anbietern, auf Messen oder bei Einkäufen im Ausland muss man aber vorsichtig sein. Hier kann es schnell zu falschen Kennzeichnungen kommen.
Grundsätzlich muss bei Kunstleder eindeutig für den Laien erkennbar darauf hingewiesen werden, dass es sich nicht um echtes Leder handelt. Wenn dies nicht erfolgt, kann die Ware reklamiert werden.
Alles Kunstlederobjekte. Die Unterscheidung zu echtem Leder fällt mit bloßem Auge schwer und bedarf weiterer Kriterien.
Besonderheiten bei Fahrzeugen
In fast jedem Auto gibt es genarbte Oberflächen, die nicht mit Leder bezogen sind. Seien es Hartkunststoffteile (Armaturenbrett, Lenkrad, Griffe etc.) oder mit Kunstleder bezogene Türpappen oder Rückseiten und Unterteile von Autositzen. Bei Jaguar, amerikanischen, französischen und japanischen Fahrzeugen ist es gar nicht selten, dass die Kontaktflächen (Sitz, Rücken, Vorderseite der Kopfstütze) aus echtem Leder sind, aber alle anderen Flächen der Sitzgarnitur aus Kunstleder sind. Im Gegensatz zum Möbelbereich sind die Quaitäten der Kunstleder meist sehr gut. Unglaublich robust war z.B. das MB-TEX von Mercedes, was Generationen von Taxifahrern als Bezugsmaterial hatten. Erst wenn diese tatsächlich alt sind, neigen sie zu den für Kunstleder typischen Schäden. Irgendwann platzt die Oberschicht auf, und das textile Untergewebe wird sichtbar. Aktuell heißt das Kunstleder beim Mercedes Artico.
Bild 1: Mercedes-300-SL-R-107-1988 mit MB-TEX - Bild 2: Mercedes Artiko - Kunstlederausstattung
Bild 1: Packard von 1923 in Kunstleder (Neubezug) - Wohl eher der Irrweg... - Bild 2: Kunstleder, wo man es auf den ersten Blick nicht vermutet
Bild 3: Corvette: Innen Leder, außen Kunstleder - typisch für amerikanische Fahrzeuge
Prägung im Kunstleder vom Ford Mustang
Der VW-Käfer hatte traditionell Kunstleder. Hier mit Metallic-Effekt.
Besonderheiten bei Möbeln
Insbesondere im preiswerten Möbelsegment gibt es ein großes Angebot an Polstermöbeln, die vollständig mit Kunstleder bezogen sind. Wie bei Autopolstern gibt es aber auch Möbel, wo nur die Kontaktseiten aus echtem Leder sind und der Rest aus Kunstleder ist. Grundsätzlich ist so etwas kein Qualitätsmangel, solange die Haltbarkeit des Kunstleders im zu erwartenden Rahmen liegt und die Möbel entsprechend beim Verkauf deklariert waren.
Auf den ersten Blick nicht als Kunstleder Erkennbar. Rückseite ist Textil und das Material ist sehr dünn.
Die Kunstleder im Möbelbereich sind immer der "kleine Bruder" vom echten Leder. Es geht darum, das untere Preissegment mit preiswerter Ware zu bedienen. Insbesondere bei den sehr preiswerten Vollkunstledergarnituren kommt es aber häufig zu frühen Schäden. Insbesondere auf den Sitzflächen und Armlehnen bricht die Beschichtung häufig noch innerhalb der Gewährleistung oder kurz danach auf.
Ein typischer Schaden bei Kunstledermöbeln im Kontaktbereich (Sitz, Armlehne)
Häufig wissen Kunden gar nicht, dass zumindest Teilflächen in Kunstleder bezogen sind. Meist taucht diese Deklarierung nur im "Kleingedruckten" auf und ist auch häufig mißverständlich formuliert: "Textilleder", "Ledertex" etc. Es handelt sich dann immer um Kunstleder. Händler, die die Ware nicht eindeutig und Verständlich deklarieren, sollte man nicht vertrauen.
Immer häufiger werden Kunstleder angeboten, auf deren Rückseiten Ledefasern aufgeklebt werden. Dadurch wird das Kunstleder aber kein Leder.
Im Möbelbereich wird auch ein Kunstleder mit dem Namen Napalonleder angeboten. Da es sich um ein Kunstleder handelt, ist der Name ohne den Hinweis, dass es sich nur um ein Kunstleder handelt, irreführend und entspricht dann nicht der Kennzeichnungspflicht.
Besonderheiten bei Taschen und Koffern
Viele Preiserte Taschen und Koffer sind aus Kunstleder. Aber auch im hochwertigsten Segment taucht Kunstleder auf, welches aber auch äußerst Robust ist. Bei Louis Vuitton sind die großen Flächen mit den Logos außen und der Innebereich von Koffern aus Kunstleder.
Wunderschön, aber erstaunlicherweise sind alle großen Flächen aus Kunstleder. Der Griff ist aus pflanzlich gegerbtem Leder
Besonderheiten bei Bekleidung
Auch im Bekleidungsbereich taucht Kunstleder in der Regel nur im untersten Preissegment auf. Auch hier wissen die Kunden häufig nicht, dass es sich nicht um Leder handelt. Vorsicht ist hier insbesondere auf Märkten und Online-Auktionen geboten. Insbesondere bei Online-Auktionen werden missverständliche Begriffe wie "Coskin" und "Wieleder" verwendet.
Kunstfelle und Kunstpelze (Webpelze) werden oft angeboten, weil echte Pelze und Felle teuer sind und auch kritisch diskutiert werden. Kunstfelle werden auch als "Artificial fur" oder "Fourrure artificielle" gekennzeichnet.
Eine echte Lammfelljacke und eine Imitation aus Kunstpelz
Weitere Informationen
- Kennzeichnung von Leder
- Kunstleder mit Lederfasern auf der Rückseite
- Schlechte Erfahrungen beim Ledermöbelkauf
Informationen im Web
- Lederzentrum: Pflege und Reinigung von Kunststoffen und Kunstledern
- Lederzentrum: Polyurethan-beschichtete glänzende Spaltleder oder Kunstleder bei Möbeln
- Lederzentrum: Ein- und Umfärben von Glatt- und Kunstledern durch „Profis"