Semianilinleder
Semianilinleder sind Leder, welche nur eine leichte Pigmentierung (Farbschicht) erhalten. Beim Semianilinleder darf das natürliche Narbenbild und die Haarporen durch die Pigmentierung nicht verdeckt, sondern nur leicht geschützt sein. Dabei ist aber zu beachten, dass je nach Arbeitsschritten in der Gerberei das Narbenbild mehr oder weniger gut zu erkennen ist. Zum Beispiel beeinträchtigt das Vakuumieren die Sichtbarkeit der Haarporen im Vergleich zur Hängetrocknung. Trotdem ist es dann ein Semianilinleder.
Im Gegensatz zum Anilinleder, das ganz offenporig und sehr empfindlich ist, haben diese Leder einen besseren Schutz. Der Schutz ist aber längst nicht so stark wie bei pigmentierten Glattledern, wo die Pigmentschicht für einen starken Schutz sorgt.
Bei Semianilinledern ist die Zurichtung deutlich dünner als bei pigmentierten Glattledern
Der Gerber möchte durch die leichte Pigmentierung ein Leder mit einem warmen, weichen Griff erhalten, das zumindest einen leichten Schutz aufweist. Anilinleder haben wegen ihrer Offenporigkeit den schönsten Griff. Solche Leder fühlen sich am weichsten an. Ein ideales Leder wäre daher offenporig, aber unempfindlich wie ein pigmentiertes Glattleder. Das ist aber technisch nicht möglich. Selbst die beste Imprägnierung bietet langfristig nur bedingt ausreichend Schutz. Daher steuert der Gerber über die Pigmentschicht die Empfindlichkeit gegen Ausbleichen, Verschleiß und die Fleckenempfindlichkeit.
Semianilinleder sind unempfindlicher als Anilinleder, aber bleichen schneller aus und sind empfindlicher gegen Fettstellen und Abrieb als pigmentierte Glattleder
Semianilinleder tauchen zumeist bei Möbeln, Jacken und Taschen auf. Im Möbelbereich wird auch vom "Nappaleder leicht pigmentiert" gesprochen. Bei Haushalten ohne Kinder und Haustieren sind Möbel mit Semianilinleder sicherlich eine denkbare Variante. Die typischen Veränderungen treten erst nach Jahren auf und können bei regelmäßiger Pflege oder bei rechtzeitiger Hilfenahme eines Fachbetriebes auch rausgezögert oder repariert werden. Da Fahrzeugleder besonders stark strapaziert werden, sind sie zumeist stark pigmentiert.
Da Semianilinleder qualitativ über pigmentierten Ledern stehen, werden im Möbelbereich Leder häufig als "Semianilinleder" bezeichnet, obwohl sie eher ein pigmentiertes Leder sind. Damit soll eine bessere Qualität suggeriert werden. Leider gibt es keine festen Grenzwerte, so dass die Bezeichnung immer kritisch begutachtet werden sollte. Ist ein Leder einfarbig und fühlt sich eher kalt oder beschichtet an, ist der Begriff "Semianilinleder" eher nicht die richtige Beschreibung dieser Lederart.
Bild 1: Ein Beispiel für die Oberfläche von Semianilinleder - Bild 2: Möbel mit Semianilinleder
Semianilinleder sind empfindlicher als pigmentierte Leder und daher selten in Fahrzeugen anzutreffen, wo die Leder meist pflegeleicht gewünscht werden, aber dafür auch selten weich und warm sind.
Wiesmann-Roadster und Ferrari FF
Der VW-Touareg in der Individualausstattung ist ein Mix aus pigmentiertem und Semianilinleder.
Nach 70 Tsd. auf dem Tacho noch sehr schöner Zustand, weil gut gepflegt.
Semianilinleder sind sensibel: Bei falscher Pflege und Reinigung wird die Empfindlichkeit sichtbar.
Unterscheidungsmerkmale der Porensichtbarkeit
Reines Anilinleder - Haarporen sind gut erkennbar und keine Farbschicht auf dem Leder
Semianilinleder - Haarporen sind gut erkennbar, aber eine dünne Farbschicht auf dem Leder
Pigmentiertes Glattleder - Haarporen sind kaum erkennbar, ein stärkere Farbschicht ist auf dem Leder. Hier kann nur ein Fachmann prüfen, ob es noch als "Semianilinleder" bezeichnet werden darf.
Pigmentiertes Glattleder - Haarporen sind nicht mehr erkennbar, ein dicke Farbschicht ist auf dem Leder
Da Poren auch geprägt werden können, ist die Erkennbarkeit der Poren alleine nicht ausschlaggebend. Nicht jedes oberflächengefärbte Leder, welches Haarporen erkennen lässt, ist auch automatisch ein Seminanilinleder. Daher ist noch die Natürlichkeit und Weichheit des Leders ein Indiz. Im Zweifel muss aber ein Experte gefragt werden.
Beschichtetes und mit Haarporen geprägtes Spaltleder mit einer Testilkaschierung. Ganz sicher kein Semianilinleder.
Weitere Informationen
- Was sollte man beim Kauf von Ledermöbeln beachten?
- Pigmentierte Leder
- Offenporige Anilinleder
- Glattleder
Film über Lederarten