Zurichtung: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 16. Januar 2023, 17:57 Uhr

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Zurichtung

Die Zurichtung eines Leders umfasst die abschließenden Arbeitsschritte, die die Oberflächenoptik des Leders gestalten und die Oberflächeneigentschaften beeinflussen. Meist geht es um die Farbgestaltung der Oberflächenfärbung, aber auch um die Imprägnierung, Wachszurichtung, aber auch um mechanische Bearbeitungsschritte wie das Bügeln oder das Prägen des Leders. Durch die verschiedensten Möglichkeiten der Zurichtung, gibt es unendlich viele Variationen Leder optisch, aber auch haptisch zu gestalten.

Die Nasszurichtung beschreibt vorhergehende Arbeitsschritte in der Gerberei.


Zurichtung als Farbauftrag

Um Leder strapazierfähiger, fleckenunempfindlicher und wasserabweisend zu machen, wird auf mit Anilinfarben schon durchgefärbte Glattleder noch eine auf Pigmenten und Bindemitteln basierende deckende Farbschicht aufgetragen. Diese Farbschicht nennt man auch Kopffärbung, Zurichtung oder Pigmentierung. Motorradkombis, aber auch viele Freizeitjacken, Schuhe, Auto-, Möbelleder und Taschen aus Glattleder haben diese schützende Farbschicht. Solche Leder werden dann als pigmentierte Glattleder oder gedeckte Glattleder bezeichnet.

Bindemittelbasierende Lederfarben sind heutzutage auf Wasserbasis. Die Pigmente sorgen für die Farbgebung und die Bindemittel bilden die deckende, wasserabweisende Schicht. Meist werden noch Additive wie Griffmittel zugegeben, um das Leder möglichst natürlich wirken zu lassen. Wird zu dick aufgetragen oder dringt die Pigmentfarbe in das Leder ein, wird die Gesamtschicht zu dick und das Leder fühlt sich dann unnatürlich plastikartig an. Die Kunst des Gerbers ist es, so viel wie nötig für die Farbgebung und den Schutz aufzutragen, aber so wenig wie möglich, um das Leder möglichst natürlich zu belassen.

Glattleder ohne Zurichtung werden Anilinleder genannt. Leder mit einer ganz dünnen Zurichtung, werden je nach Stärke der Zurichtung Anilinleder veredelt oder Semianilinleder genannt. Glattleder mit einer Schichtstärke der Farbe oder einer Folie von über 0,15 Millimetern müssen als beschichtetes Leder deklariert werden.

Der Vorteil der Anilinleder ist ein warmer Griff und die Natürlichkeit. Nachteil ist die Empfindlichkeit. Pigmentierte Leder fühlen sich dagegen kälter und fester an, sind aber bedeutend pflegeleichter und unempfindlicher. Zugerichtete Leder haben auch eine geringere Atmungsaktivität als offenporige Leder.

Es gibt aber auch Leder, die eine Ölzurichtung oder Wachszurichtung haben. Bei diesen Ledern kommen ungefärbte oder eingefärbte Wachse und/oder Öle auf die Lederoberfläche. Diese Leder werden als Pull-Up-Leder bezeichnet.


Grundierung - Top Coat / Appretur / Finish

Eine Grundierung wird zuerst als Haftvermittler aufgetragen. Auf die anschließende Farbschicht wird dann noch der Top Coat, eine Art Klarlack, aufgetragen. Dieser wird auch Finish oder Appretur genannt. Der Top Coat schützt die Bindemittelfarbe vor Abrieb und Abfärbung und bestimmt den Glanzgrad und den Griff. Vernetzer sorgen als Additive für verbesserte Echtheiten. Bei besonders matten Ledern wird noch eine Mattierung in den Top Coat und/oder in die Farbe gegeben. Fahrzeugleder sind oft sehr matt und lederbezogene Armaturenbretter müssen wegen dem Risiko von Reflektionen in der Frontscheibe besonders matt sein.


Film über Glattlederarten.


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Aufbau der Lederfärbung, Zurichtung.

 

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Ein Wassertropfen auf einem oberflächengefärbten Glattleder perlt ab. Die Poren des Leders sind sichtbar verschlossen.


Es gibt verschiedene Techniken für den Auftrag der Pigmentfarbe. Maschinen mit rotierenden Farbsprühpistolen ist eine weit verbreitete Variante. Beim sogenannten Roller Coater wird die Farbe über Walzen aufgewalzt. Beim Sprühverfahren durchläuft das Leder oft mehrfach die rotierenden Farbsprühpistolen und auch der Roller Coater wird manchmal mehrfach durchlaufen und oft wird danach noch mal per Sprühpistole aufgetragen.


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Die Pigmentierung mittels rotierender Sprühpistolen In der Gerberei.


Der Farbauftrag mit dem Roller Coater in der Gerberei.


Die Auftragung einer Pigmentierung in einer Lederreparaturwerkstatt erfolgt manuell mit der Sprühpistole.

 

Bis in die 70er, 80er Jahre wurden Autoleder nicht durchgefärbt. Experten bezeichnen diese Leder als "kopfgefärbte Leder". Bei manchen Ledern führt die Kopffärbung bei Gebrauchsspuren zu einer schönen Patina.


Gebrauchsspuren-01.jpg Gebrauchsspuren-05.jpg

Typische Kopffärbung - Das pflanzlich gegerbte Leder schimmert in Bereichen mit Patina bräunlich durch.

 

Je nach dicke der aufgetragenen Pigmentschicht werden die Glattleder unterschiedlich bezeichnet. Keine Deckfarbe: Anilinleder. Wenig Farbe, aber Haarporen noch gut erkennbar: Anilinleder veredelt oder Semianilinleder. Viel Farbe und Haarporen nur wenig oder garnicht erkennbar: Pigmentiertes Glattleder.


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Reines Anilinleder - Haarporen sind gut erkennbar und keine Farbschicht auf dem Leder.

 

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Semianilinleder - Haarporen sind gut erkennbar, aber eine dünne Farbschicht auf dem Leder.

 

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Pigmentiertes Glattleder - Haarporen sind kaum erkennbar, ein dicke Farbschicht ist auf dem Leder.

 

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Pigmentiertes Glattleder - Haarporen sind nicht mehr erkennbar, ein dicke Farbschicht ist auf dem Leder.

 

Probleme bei mangelhafter Zurichtung

Die Zurichtung pigmentierter Leder kann variieren. Sie besteht aber meist aus einer Grundierung, einer Farbschicht und dem Top Coat (auch Appretur oder Finish genannt). Meist werden diese Schichten mit einem Vernetzer zusätzlich stabilisiert. Im Fall fehlerhafter Vorgehensweise kann das zu verschiedensten Problemen führen.

  • Ist die Auftragsfäche vor dem Auftrag der Zurichtung mit einer Art Trennmittel versehen (Fette, Öle, Silikone ect.), dann kann es mit der Zeit zu Farbablösungen kommen.
  • Die Zurichtung besteht aus mehrere Schichten. Sind die Wartezeiten zwischen den Schritten zu groß, kann es die Haftung der einen auf der anderen Schicht beeinträchtigen. Die Ablösung erfolgt dann nicht komplett, sondern zwischen einzelnen Schichten. Ursache kann eine Zwischenlagerung sein, bei der Trennmittel verwendet werden, die Verklebungen verhindern sollen. Grundsätzlich gilt aber immer, je frischer die letzte Schicht ist, desto besser haftet der folgende Schichtauftrag.
  • Ist die aufgetragene Zurichtung zu weich, ist diese verschleißempfindich. Es kann zu Kratzern und Abschürfungen kommen oder die Zurichtung ist nicht abriebfest. Insbesondere Feuchtigkeit und Fette können solche Effekte verstärken. Da ein Leder im Idealfall weich und warm sein sollte, muss der Gerber die goldene Mitte finden.
  • Ist der Top Coat zu dünn aufgetragen, kann es zu Farbabrieb kommen.
  • Werden alle Schichten zu dick aufgetragen, wird das Leder sehr plastikartig und fühlt sich unnatürlich und kalt an.
  • Fehlt der Vernetzer, ist die Zurichtung verschleißempfindlich.
  • Ist die Zurichtung zu hart, kann das zu Graubruch führen. Beim Knicken des Leders gibt es Mikrobrüche, die das Leder gräulich erscheinen lassen. Meist in den Tiefen der Narbung. Ist die Zurichtung viel zu hart, bricht diese in der Narbung oder in runden Brüchen auf.


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Graubruch in der Zurichtung entsteht, wenn die Farbe zu hart ist und in den Knickfalten des Leders bricht und gräulich erscheint.


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Mangelhafte Zurichtungsqualität: Brüche in der Zurichtung bei modernen Ledern aufgrund einer zu harten Zurichtung.

 

  • Zu weiche oder instabile Bindemittel können zu Klebrigkeit der Oberfläche führen. Lackleder neigen dazu, wenn diese älter werden. Aber auch Sonne kann diesen Effekt bei empfindlichen Ledern verstärkt herbeiführen.
  • Wird ein Leder sehr matt eingestellt, kann es zu einem Grauschleier kommen.
  • Sind die verwendeten Pigmente zu UV-empfindlich, bleicht das Leder aus.
  • Empfindliche Bindemittel und andere Chemikalien der Zurichtung können vergilben.
  • Verunreinigungen der Farbe, auf dem Leder während des Farbauftrags oder bei der Trocknung, können als Einschlüsse sichtbar werden.
  • Eine dicke Schichtstärke auf zur Losnarbigkeit neigenden Ledern verstärkt diesen Effekt.
  • Anilinfarbstoffe in der Zurichtung können migrieren oder abfärben.
  • Amine aus Polsterschäumen oder NOX (Stickstoff, z.B. durch Abgase von Staplern in Lederlager) können gelbliche Veränderungen auf hellen Zurichtungen erzeugen.


Weitere Informationen




Film über die Lederherstellung

Film über die Lederherstellung in der Gerberei.


Film über die Besonderheiten von Metallic-Effekten auf Leder


Stationen der Lederherstellung
Lagern - Weichen - Äscher - Entfleischen - Spalten - Beizen - Gerbung - Neutralisieren - Abwelken - Sortieren - Falzen - Durchfärbung - Fettung - Nachgerbung - Trocknen - Zurichtung - Stollen - Endkontrolle


Verfahren der Gerbung
Chromgerbung - Lohgerbung - Weißgerbung - Fettgerbung - Synthetische Gerbung


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